„Voyage Pittoresque“ im Siebengebirgsmuseum Königswinter

swr2 – kultur-info vom 31.8.2016

Kultur Regional am 31.8.2016 von Henning Hübert

„Voyage Pittoresque“ – eine malerische Reise präsentiert das Siebengebirgsmuseum Königswinter. Eigentlich ist das Museum spezialisiert auf die romantische Sicht auf die Rheinlandschaft. Die Sonderausstellung dagegen ist modern, die Werke oft abstrakt: Sie stammen von den im Rheinland lebenden Künstlerinnen Heide Simm und Barbara Kroke. Die eine ist seit 55 Jahren Goldschmiedin, die andere Malerin. Zwei Künstlerinnen die dem Fluss mit seiner Aura immer neue Stoffe für ihre Werke entnehmen. Mal sind es die Mythen des Rheins, seine Stimmung. Oder ganz real – das Treibgut seiner Ufer. Henning Hübert hat die Ausstellung „Voyage Pittoresque“ in Königswinter gesehen:

Heide Simms große Ketten und Ringe liegen trocken in Vitrinen. Wären die doch mit Wasser gefüllt wie Aquarien! Dann wäre gleich klar, dass die Goldschmiedemeisterin zwar hartes Edelmetall bearbeitet, aber das Wasser, den Rhein meint. Etwa wenn sie eine Halskette aus durchbrochenen Silberkugeln präsentiert und sie „Gischt-Bällchen“ nennt:

„Das ist für mich nachempfunden, wenn das Wasser sich bricht und dieses Aufgeschäumte, diese Blasen, die sich werfen. Und da sind schwarze kleine Diamanten dran, die sollen quasi dieses Blitzen des Wassers zeigen, wenn das Licht drauf fällt. Irgendwie habe ich eine bestimmte Affinität zu den Dingen, die mit Wasser zu tun haben, auch mit der Farbe. Das ich gerne Blau oder diese blau-grünen Töne verwende.“ Heide Simm

Ein Collier, es heißt „Luzifer auf Kufen“, hat diese schimmernden Töne. Das Objekt ist so groß geworden, dass es eine eigene Vitrine braucht. Und dennoch wirkt es mit seinen vielen kleinen Drähten filigran. Wie auch eine Kette aus Muscheln und Schnecken:

„Ich habe reingebracht das, was der Fluss herauswirft sozusagen auf seiner bewegten Reise durch Deutschland und durch die anderen Länder. Und mich vor allem immer beschäftigt mit dem, was am Flussrand liegt. Also indirekt eigentlich mit dem Wasser. Heide Simm

Die Vitrinen mit dem Schmuck der Künstlerin aus Meckenheim ergänzen Acrylbilder der Bonner Malerin Barbara Kroke. Ihre Malweise ist abstrakt, die Farben sind erdtönig. Die gewählten Titel werden recht konkret – „Drachenparcours“, „Ebbe und Flut“ heißen die Bilder etwa. Die „Späte Überfahrt“ wird am gegenständlichsten – man sieht den Rhein, das Siebengebirge und eine Fähre kurz vor der Dunkelheit in aufgewühltem Wasser. Ein Bild in hellem Blau mit einem nur angedeuteten Frauenkörper nennt Barbara Kroke „Und sie kämmte…“:

„Wir hatten ursprünglich sogar den Titel für die ganze Ausstellung „Ich weiß nicht was soll es bedeuten“. Aber das war uns dann zu speziell auf die Loreley. Und hier ist Königswinter, und das ist was anderes. Und bei abstrakten Bildern ist es auch ein bisschen gefährlich, den Titel zu haben „Ich weiß nicht was soll es bedeuten“. Also das haben wir dann verworfen. Und haben diese „Voyage pittoresque“, die ja auch ein ausgesprochen schöner Titel ist.“ Barbara Kroke

„Drachenblut“ heißt ein Halsschmuck. Er ist wie so vieles in der Königswinterer Ausstellung ein Materialexperiment. Heide Simm hat da in Gold Feueropale eingefasst, in denen Fossile eingeschlossen sind. Neu geschmiedete Schätze zur Nibelungensage. Natürlich blendet die Goldkünstlerin auch das Rheingold nicht aus. Eine Vitrine birgt die drei Rheintöchter aus Wagners Ring. Handtellergroß sind die Nornen geworden, die den Schatz hüten, Wellgunde, Flosshilde und Woglinde:

„Das ist aus Silber gearbeitet. Zugrunde liegt dem auch wieder etwas aus dem Wasser. Nämlich ein Korallenast, der wie ein Blatt geformt ist. Ohne irgendwelches Chlorophyll noch dazwischen. Das hab ich nachempfunden, dass es aus den Wogen heraus kommt. Und doch nicht so menschlich ist wie normalerweise Figuren dargestellt werden.“ Heide Simm

Das macht die Ausstellung so spannend: Da wird ein ganzer Kosmos aus rheinischen Sagen und europäischen Mythen zerspant, aufgelöst, eingeschmolzen, Um dann von den beiden Künstlerinnen Heide Simm und Barbara Kroke doch wieder neu und frisch präsentiert zu werden. Als wären die alten Götter und Geister mal wieder zu Besuch am Rheinufer unterhalb des Siebengebirges gekommen.

Doppelausstellung „Voyage Pittoreske – Heide Simm und Barbara Kroke – Kleinodien und Malerei“ bis 23.10.2016 im Siebengebirgsmuseum Königswinter

Stand: 31.8.2016, 10.41 Uhr